Eine übergewichtige Person steht auf einer Waage

Adipositas: Mehr Wissen

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Inhalt


Rund um die Diagnose Adipositas

WHO warnt vor „epidemischem Ausmaß“:
Mehrheit der Erwachsenen in Europa ist schon zu dick

Fettleibigkeit bringt viele verschiedene gesundheitliche Folgen mit sich. Laut einem Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aus dem Jahr 2022 leidet mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Europa an Übergewicht. Laut dem Bericht sind Männer öfter betroffen als Frauen.

Zum WHO European Regional Obesity Report 2022

Balkendiagramm über Anteil übergewichtiger und adipöser Erwachsener in ausgewählten OECD-Ländern im Jahr 2019

Diagnose Adipositas: Was ist das Edmonton Obesity Staging System EOSS?

EOSS ist die Abkürzung für Edmonton Obesity Staging System, ein Diagnosesystem für Schäden und Begleiterkrankungen von Adipositas. Es wurde an der kanadischen Universität Edmonton entwickelt. Medizinerinnen und Mediziner teilen mit dem EOSS Adipositas in Stadien von 0 (keine Beschwerden) bis 4 (schwere Folgeschäden) ein. In Stadium 1 haben die Betroffenen demnach milde körperliche oder psychische Symptome, etwa erhöhten Blutzucker oder höhere Blutfettwerte. In Stadium 2 bestehen Probleme und Erkrankungen wie Bluthochdruck, Schlafapnoe und Diabetes, oder die Betroffenen sind im Alltag bereits eingeschränkt. Auch psychische Symptome kommen oft dazu, zum Beispiel Depressionen oder Angststörungen.

In Stadium 3 hat die Fettleibigkeit bereits Organe geschädigt, das kann das Herz oder die Gelenke betreffen. Das Wohlbefinden der Patientinnen und Patienten ist erheblich eingeschränkt, zum Beispiel durch Atembeschwerden. In Stadium 4 hat die Adipositas schwere chronische Erkrankungen verursacht: Betroffene sind wegen ihrer psychischen oder körperlichen Verfassung arbeitsunfähig oder können ihren Alltag nicht oder kaum bewältigen.

Flyer des Adipositasnetzwerks Rhein-Neckar e.V. zum Edmonton Obesity Staging System (EOSS): https://www.adipositas-rhein-neckar.de/images/Angebote-Downloads/eoss.pdf

Leitlinien zu Adipositas

Mehrere Institutionen haben medizinische Leitlinien im Themenbereich Adipositas formuliert:

Glückliche Dicke? Die Legende von den Happy Obese

Mit Beschreibungen wie „Rund und gesund“ oder auch Happy Obese – auf Deutsch etwa „glückliche Dicke“ – sind Menschen gemeint, die übergewichtig oder fettleibig sind, aber keine der bei Adipositas typischen Störungen im Stoffwechsel aufweisen. Zu diesen gehören unter anderem erhöhter Blutzucker oder Diabetes Typ 2, erhöhte Blutfettwerte und Bluthochdruck. Rund 20 Prozent aller Übergewichtigen sollen laut einer Tübinger Untersuchung zu dieser glücklichen Gruppe gehören (Stefan et al. 2013). Die Annahmen dazu gehen auf verschiedene Studien des letzten Jahrzehnts zurück – doch inzwischen gibt es gegenteilige Erkenntnisse (Lassale et al. 2018).

So zeigte eine Studie des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DIfE), dass übergewichtige oder adipöse Frauen im Vergleich zu Normalgewichtigen ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben, obwohl ihr Stoffwechsel noch gesund ist (DIfE 2018). Auch haben alle Übergewichtigen ein stark erhöhtes Risiko für Gelenkschäden wie Arthrose, vor allem in Knien und Hüften: Dass der Stoffwechsel noch funktioniert, hilft den überlasteten Gelenken nicht. Die Forschung dazu konzentriert sich darauf, über das reine Gewicht hinaus Risiken und Schäden bei Übergewicht zu erfassen (Stefan et al. 2018).

Dickes Problem: Ausgrenzung und Stigma bei Übergewicht

Viele Menschen mit Adipositas fühlen sich im Alltag stigmatisiert und diskriminiert – Betroffene machen in der Familie, unter Freunden oder bei der Arbeit negative Erfahrungen. Das gilt sogar für medizinisches Personal in Kliniken und Arztpraxen. Ein Gefühl, verspottet oder abgewertet zu werden, trägt zur Krankheit bei, es kommt zu einem Teufelskreis.

Nachweise

DIfE – Deutsches Institut für Ernährungsforschung (2018): Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall auch bei stoffwechselgesunden Frauen mit Adipositas erhöht. Pressemeldung vom 31.05.2018, [online] https://www.dife.de/news/archiv/details-archiv/risiko-fuer-herzinfarkt-und-schlaganfall-auch-bei-stoffwechselgesunden-frauen-mit-adipositas-erhoeht-47/

Lassale et al. (2018): Separate and combined associations of obesity and metabolic health with coronary heart disease: a pan-European case-cohort analysis. European Heart Journal (39)5: 397–406, [online] https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehx448

Stefan et al. (2013): Metabolically healthy obesity: epidemiology, mechanisms, and clinical implications. Lancet 1(2):152-162, [online] https://doi.org/10.1016/S2213-8587(13)70062-7

Stefan et al. (2018): Metabolically healthy obesity: the low-hanging fruit in obesity treatment? Lancet Diabetes Endocrinol 6(3): 249–258, [online] https://doi.org/10.1016/S2213-8587(17)30292-9

Titelbild: milatas/stock.adobe.com


Stand: Juni 2023

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