Erwachsene brauchen 0,8kg Protein pro kg Körpergewicht
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Proteinqualität – Ist tierisches Protein besser als das aus pflanzlichen Quellen?

„Tofu ist nur was für Erbsenhirne?“ „Nur Hühnerbrust hilft dagegen, die eigene loszuwerden?“ „Und vom Salat schrumpft der Bizeps?“ Zur Beantwortung dieser Fragen bleibt dran zum folgenden Video über die Qualität alternativer Proteine.

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Der Medienbeitrag wurde von Sandra Nirschl im Rahmen ihres Studiums der Lebensmittel- und Gesundheitswissenschaften (M.Sc.) an der Universität Bayreuth für das Projekt Ernährungsradar erstellt und im März 2024 im Bereich E-Tutor online veröffentlicht. Das Video besteht aus eigenen Film- und Bildaufnahmen, zur Animation wurde die Software POWTOON verwendet. Untertitel zum Video sind auf Deutsch und Englisch verfügbar und können über die YouTube-Einstellungen ein- und ausgeblendet werden.

Was kommt Dir als erstes in den Sinn, wenn du an proteinreiche Lebensmittel denkst?

Lass mich raten: Milchprodukte, Eier und natürlich Fleisch. Es ist auch kein Wunder, dass uns diese tierischen Nahrungsmittel zuerst einfallen. Vor allem in Industrieländern werden sie klassischerweise als Eiweißlieferanten genutzt. „Ohne Fleisch keine richtige Mahlzeit!“ Pflanzliche Proteinquellen werden hingegen als minderwertig angesehen oder überhaupt nicht als solche wahrgenommen. Das ist nicht nur schlecht für unseren Planeten, sondern auch noch falsch. Auch mit pflanzlichen Proteinlieferanten, die oft auch als alternative Proteinquellen bezeichnet werden, kann der Mensch seinen Proteinbedarf problemlos decken.

Warum brauchen wir Proteine überhaupt?

Natürlich zum Muskelaufbau, doch sie können noch viel mehr. Sie sind wichtige Grundbausteine aller Zellen und somit auch von Geweben, wie eben den Muskeln. Sie bilden aber auch Enzyme, Hormone, Antikörper, Gerinnungsfaktoren und, und, und. Natürlich sind sie auch Energielieferanten.

Wie viel Protein brauchen wir?

Laut aktuellen Ernährungsempfehlungen sollten Erwachsene täglich circa 0,8 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht zu sich nehmen. Ab 65 Jahren steigt der Proteinbedarf auf 1,0 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht. Eine erwachsene 25-jährige Person, die 60 Kilogramm wiegt, sollte also täglich circa 48 Gramm reines Protein zu sich nehmen. Auch wenn das erst einmal viel klingt, es ist in Deutschland jedoch kein Problem. Die Proteinzufuhr liegt hier tatsächlich oft eher über der empfohlenen Menge.

Welche Lebensmittel liefern viel Protein?

Proteine sind in so gut wie allen Lebensmitteln enthalten. In manchen mehr, in manchen weniger. Tierische Lebensmittel zählen zu den Spitzenreitern. Aber auch viele Lebensmittel, die man oft gar nicht in diesem Zusammenhang beachtet oder kennt, können ihren Proteingehalt durchaus sehen lassen. Mit fast doppelt so viel Protein wie Fleisch pro 100 Gramm Lebensmittel sind Hülsenfrüchte wahre Proteinbomben. Nüsse und Samen enthalten ebenfalls viel Protein, aber aufgrund ihres hohen Fettgehalts eignen sie sich eher als Ergänzung. Getreide wird oft völlig vernachlässigt, ist aber auch ein guter Proteinlieferant, genauso wie Speisepilze. Etwas experimenteller wird es mit mikrobiellen Proteinen aus Mikroalgen oder Mykoprotein aus einem bestimmten Pilz. Zwei für uns eher exotisch anmutende Proteinquellen sind Algen und Insekten. Wenn ihr mehr zu Hülsenfrüchten, Soja, Insekten und Algen wissen möchtet, lohnt es sich dranzubleiben. Infos dazu gibt es in weiteren Videos unserer Reihe.

Zum Beispiel hier https://www.ernaehrungsradar.de/algen-als-bereicherung-der-lebensmittelvielfalt/ zu Algen und hier im Interview mit Dr. Tilman Reinhardt zu Thema Insekten https://www.ernaehrungsradar.de/insekten-neuartige-lebensmittel-in-der-europaeischen-union/

Ist Protein gleich Protein? Die Proteinqualität.

Neben der Menge kommt es aber vor allem auch auf die Proteinqualität an. Viele Leute glauben fälschlicherweise, dass pflanzliches Protein nicht so gesund wäre wie tierisches Protein. Woher kommt das? Bei der Bewertung der Qualität von Proteinen ist zuerst einmal der Gehalt essenzieller Aminosäuren wichtig. Aminosäuren sind die Bausteine von Proteinen. Manche davon kann der Körper selbst bilden, andere nicht. Essenzielle Aminosäuren sind die Aminosäuren, die unser Körper nicht selbst bilden kann und die wir deswegen zwingend über die Nahrung aufnehmen müssen. Außerdem spielen die Bioverfügbarkeit und die Verdaulichkeit eine Rolle, denn sie bestimmen, wie viel Protein der Körper tatsächlich aus dem jeweiligen Lebensmittel aufnehmen kann. Mit Hilfe dieser Kriterien lässt sich der Protein Digestibility Corrected Amino Acid Score berechnen – ein Score zur Berechnung der Proteinqualität. Der höchste Wert für diesen Score liegt bei 1. Das heißt also, Lebensmittel, die alle essenziellen Aminosäuren enthalten und gut verdaulich sind, werden mit 1 bewertet. Das wären zum Beispiel Eier, Milchprotein oder auch Sojaprotein und Mykoprotein. Fleisch und Fisch liegen mit einem Wert von 0,9 leicht darunter. Auch Insekten reihen sich bei den hohen Werten ein. Andere pflanzliche Proteine liegen tatsächlich etwas niedriger. Zum Beispiel gekochte Bohnen, Erbsen oder Reis mit einem Score von 0,6.

Und jetzt? Es scheint also erstmal so, als wäre doch was dran an der Behauptung, dass pflanzliches Protein schlechter ist als tierisches. Die niedrigeren Werte ergeben sich oft dadurch, dass eine der essenziellen Aminosäuren im jeweiligen Lebensmittel fehlt oder nur in einer sehr kleinen Menge enthalten ist. Dieses „Problem“ der fehlenden Aminosäuren können wir allerdings ganz leicht lösen: durch die Kombination von zueinander passenden Lebensmitteln. Die fehlenden Aminosäuren können so ausgeglichen werden und für die gesamte Mahlzeit ergibt sich ein höherer Wert. Zum Beispiel ist die Aminosäure, die in Getreide fehlt, in Hülsenfrüchten enthalten und umgekehrt. In vielen bekannten Gerichten finden wir diese Kombination auch schon. Reis mit Linsen, Mais und Bohnen, Erdnussbutter und Brot. Die Proteine müssen aber auch gar nicht zwingend in der gleichen Mahlzeit enthalten sein. Es reicht völlig aus, sie über den Tag verteilt zu essen, denn unser Körper kann die Aminosäuren in fast allen Körperzellen zwischenspeichern und dann nach Bedarf aus diesem Aminosäuren-Pool schöpfen.

Zusammenfassend lässt sich also sagen:

Proteine haben unterschiedliche Qualitäten, die wir durch den Gehalt an essenziellen Aminosäuren und durch die Verdaulichkeit bewerten können. Milch und Eier, aber auch Soja besitzen als einzelne Lebensmittel schon eine optimale Aminosäure-Zusammensetzung. Wenn wir verschiedene pflanzliche Proteinquellen miteinander kombinieren, erreichen wir auch mit diesen die optimale Zusammensetzung. Es muss also nicht immer tierisch sein! Mit alternativen Proteinquellen können wir genauso einfach, ausreichend und ausgewogen unseren Proteinbedarf decken und das, ohne dabei unseren Planeten völlig zu überlasten. Und auch wenn Salat vielleicht nicht die beste Eiweißquelle ist, von pflanzlichen Proteinen schrumpft der Bizeps sicher nicht!

Literatur

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