Ein aufgeschlagenes Buch
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Der Ernährungskompass von Bas Kast

Ernährungsmythen und -fakten, Abnehmen und eine Kost, die Altersleiden vermindert – der populäre Ratgeber soll ein grundsätzliches Verständnis für das Thema Ernährung vermitteln.

Worum geht’s?

Cover des Buchs „Der Ernährungskompass” von Bas Kast

Der Ernährungskompass verspricht laut Umschlag „das Fazit aller wissenschaftlichen Studien zum Thema Ernährung“. Bas Kast setzt sich kritisch mit gängigen Ernährungsempfehlungen auseinander und erklärt Hintergründe beliebter Diäten. Das Ziel des Buches ist es, Leserinnen und Leser über die Grundsätze einer gesunden Ernährung aufzuklären. In 12 Kapiteln gibt Kast einen Überblick über Proteine, Kohlenhydrate, Fette, Getränke, Fasten, Diätformen und Vitaminpillen. Dabei ziehen sich vier Kernfragen, die Kompass-Themen, wie ein roter Faden durch das Buch:

  • Wie nimmt man gesund ab?
  • Welche Ernährung hält jung?
  • Was sind Mythen, was sind die Fakten?
  • Durch welche Ernährung lassen sich typische Altersleiden vermeiden?

Kompassnadeln am Ende der Kapitel über Proteine, Fette und Kohlenhydrate bieten Orientierung, welche Lebensmittel eher schützend bzw. schädigend wirken. Im Nachwort gibt Kast seine 12 Ernährungstipps preis, betont jedoch: die eine perfekte Ernährung gibt es nicht.

Wie gut sind die Infos?  

Altbekanntes neu verpackt

Kast’s 2018 veröffentlichten Empfehlungen zur optimalen Zusammensetzung der Ernährung und des Speiseplans sind aus ernährungswissenschaftlicher Sicht richtig. Neu sind die Empfehlungen aber nicht: Man findet sie graphisch dargestellt auf der Ernährungspyramide oder schriftlich festgehalten in den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) wieder. Seine 12 Ernährungstipps decken sich größtenteils mit den Ernährungsempfehlungen der DGE: Mehr Pflanze, weniger Tier, sparsamer Genuss von Zucker.

Nahrungsergänzungsmittel

Beim Thema Vitaminpillen lautet Kast‘s Devise: Vitamin D, B12 und Omega-3-Fettsäuren sind empfehlenswert. Zweifellos sind Vitamine notwendig. Ob aber Supplemente für eine gute Versorgung vonnöten sind, kommt auf die Ernährungsgewohnheiten an.

Ein neuer Cochrane Review, der allerdings erst nach Erscheinen des Buches veröffentlicht wurde, liefert neue Evidenz zur Wirksamkeit von Omega-3-Präparaten: In Bezug auf das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, macht eine erhöhte Einnahme langkettiger Omega-3-Fettsäuren kaum einen Unterschied (Abdelhamid et al. 2020). Zur Einnahme von Omega-3-Präparaten sagt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR): nicht unbedingt notwendig, wenn man gesund ist und ab und an Fisch isst.

Problematische Studienwahl

Beim Thema Zeitfenster-Essen beruft sich Kast mehrmals auf Tierstudien, was er allerdings nicht jedes Mal auch offenlegt. Dass zahlreiche Tierexperimente als Beispiele für Zusammenhänge zwischen Lebensmitteln und Gesundheit herangezogen wurden, ist als problematisch zu betrachten. Studien mit Mäusen, Affen oder Insekten sind zwar ganz anschaulich, die Ergebnisse aber wenig aussagekräftig, da man sie nicht unbedingt direkt auf den Menschen übertragen kann.

Extraportion Protein?

Viele Diäten sind proteinreich, da Quark, Fleisch und Eier gut und lange sättigen. In diesem Zusammenhang wirbt der Autor für die Low-Carb-Diät und den Eiweißeffekt, den man nutzen solle. Kast‘s Vergleich mit der Mormonengrille, die zum Überleben so lange weiter isst, bis ihr Proteinhunger gestillt ist, ist jedoch unsinnig, da wir Menschen sind – keine Tiere und erst recht keine Insekten.

Der Mensch braucht zum Überleben nicht nur Eiweiß, sondern auch Kohlenhydrate und Fett. Die DGE empfiehlt für gesunde Erwachsene 0,8 g Protein pro Körpergewicht pro Tag (DGE 2021). Diese Empfehlung enthält bereits Sicherheitszuschläge, der tatsächlich benötigte Bedarf liegt vermutlich sogar darunter.

Fett ist nicht gleich Fett

Die Faustregel des Autors, eher zu ungesättigten als zu gesättigten Fettsäuren zu greifen, ist wissenschaftlich fundiert. Krapfen, Wurst und Chips sollten nur einen kleinen Teil des Speiseplans ausmachen. Kast behauptet, die offizielle Ernährungsempfehlung in Deutschland laute „Fett zu meiden und dafür bei den Kohlenhydraten zuzulangen“. Das ist so aber nicht korrekt wiedergegeben und zudem wissenschaftlich falsch.

Die DGE empfiehlt nicht grundsätzlich, Fett zu meiden. Vielmehr sollen gesundheitsförderliche Fette auf dem Speiseplan stehen. Das bedeutet: Weniger Schmalz, Palmöl, Butter und dafür mehr pflanzliche Öle, Nüsse und Ölsaaten.

Wer sind die Macher?

Bas Kast studierte Psychologie und Biologie in Konstanz, Bochum und Boston. Der Wissenschaftsjournalist ist Autor mehrerer Bücher rund um Liebe, Psychologie und Hirnfunktion. Durch sein Studium läge sein Hintergrund in der Hirnforschung, wie er selbst angibt. Der Ernährungskompass ist sein erstes Buch, das sich mit dem Themengebiet Ernährung beschäftigt. Kast hat keine Ausbildung oder Qualifikation in der Ernährungswissenschaft, er beschreibt sich selbst als „Außenseiter“ dieses Fachgebiets. Nach zwei Jahren intensiver Recherche schreibt Kast das Buch. Anstoß dafür war ein einschneidendes gesundheitliches Erlebnis: Herzprobleme beim Joggen.

Woher kommt das Geld?

Kast ist Wissenschaftsjournalist und Autor. Die Arbeit am Buch begann seiner Beschreibung nach zunächst aus eigenem Interesse, er recherchiert in Eigenregie. Werbung oder Anzeigen für andere Unternehmen sind im Ernährungskompass nicht zu finden. Der Verlag, der hinter dem Buch steht, ist C. Bertelsmann, der heute zur Penguin Random House Verlagsgruppe gehört, der größten Publikumsverlagsgruppe der Welt.


Nachweise

Abdelhamid AS et al. (2020): Omega-3 fatty acids for the primary and secondary prevention of cardiovascular disease, in: Cochrane Database of Systematic Reviews, 2020(3):CD003177, [online] https://www.cochranelibrary.com/cdsr/doi/10.1002/14651858.CD003177.pub5/full

BfR – Bundesinstitut für Risikobewertung (2006): Müssen Fischverzehrer ihre Ernährung durch Fischöl-Kapseln ergänzen? [online] https://www.bfr.bund.de/cm/343/muessen_fischverzehrer_ihre_ernaehrung_durch_fischoel_kapseln_ergaenzen.pdf

DGE – Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.: Gut essen und trinken – die DGE-Empfehlungen, [online] https://www.dge.de/gesunde-ernaehrung/gut-essen-und-trinken/dge-empfehlungen/

DGE – Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (2021): Ausgewählte Fragen und Antworten zu Protein und unentbehrlichen Aminosäuren, [online] https://www.dge.de/gesunde-ernaehrung/faq/ausgewaehlte-fragen-und-antworten-zu-protein-und-unentbehrlichen-aminosaeuren/

Titelbild: salita2010/stock.adobe.com


Stand: Juni 2023

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