Galt Fleisch früher als „ein Stück Lebenskraft“, mehren sich heute die Schlagzeilen, dass ein Zuviel an Fleisch das Risiko für verschiedene Krankheiten erhöht. So hat die Weltgesundheitsorganisation Fleisch und Wurst 2015 sogar als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft – eine Einschätzung, die nicht nur am heimischen Esstisch für Diskussionen sorgt. Aber was genau bedeutet „wahrscheinlich krebserregend“? Und wie sieht es mit dem Konsum von Fleisch in Hinblick auf Schlaganfälle und Herzinfarkte aus?
Kurz gesagt
- Fleisch enthält wichtige Inhaltsstoffe wie Proteine, Eisen, Zink und Vitamine und ist ein wertvolles Lebensmittel.
- Zu viel verarbeitetes Fleisch erhöht das Risiko, an Krebs zu erkranken; bei unverarbeitetem rotem Fleisch ist die Studienlage weniger eindeutig.
- Weißes Fleisch wird nicht mit einem erhöhten Krankheitsrisiko in Zusammenhang gebracht.
- Die von der DGE und anderen Institutionen empfohlenen Verzehrmengen sind sicher – allerdings liegt der jährliche Fleischkonsum häufig über den Empfehlungen.
Inhalt
- Fleisch: Zahlen und Fakten rund um Inhaltsstoffe, Konsum und Empfehlungen
- Fleisch und die Gesundheit: Lieber weißes und unverarbeitetes Fleisch essen
- Ist Fleisch krebserregend? Eine kleine Chronologie
- Zu viel Fleisch schlägt aufs Herz und führt zu Diabetes – oder doch nicht?
- Alles eine Frage davon, wer die Studie finanziert?
- Fazit: Auf die Dosis kommt es an
- Weiterführende Links
- Nachweise
Fleisch: Zahlen und Fakten rund um Inhaltsstoffe, Konsum und Empfehlungen
Fleisch liefert wertvolles Protein und macht satt – beides dürfte allgemein bekannt sein. Weniger bekannt ist vielleicht, dass es auch viele weitere Nährstoffe enthält. So sind Muskelfleisch und Innereien besonders nährstoffdicht, was Aminosäuren, wichtige Vitamine und Spurenelemente angeht (FAO 2023). Eines dieser essenziellen Vitamine, das Vitamin B12, ist zum Beispiel für Blutbildung, Zellteilung und die Funktion der Nerven wichtig. Der Körper kann es nicht selbst herstellen. Vitamin B12-Verbindungen kommen sowohl in pflanzlichen als auch in tierischen Lebensmitteln vor – jedoch sind nur die aus tierischen Produkten für den menschlichen Körper verfügbar (DGE 2018); Fleisch ist daher eine gute Quelle (Obeid et al. 2019).
Vitamine und Mineralstoffe in Rindfleisch (bezogen auf 100 g)
- Eisen: 2,0–2,4 mg
- Zink: 4,3–4,5 mg
- Vitamin A: 20 µg RAE
- Vitamin B1: 0,06–0,21 mg
- Vitamin B2: 0,26 mg
- Vitamin B6: 0,17–0,24 mg
- Vitamin B12: 4,4–5,0 µg
- Vitamin D: 0,5 µg
Quellen: (DGE 2024a, Verbraucherzentrale 2023, Heseker/Stahl 2010, Bauer/Honikel 2007); RAE: Retinolaktivitätsäquivalent (RAE)
Vitamine und Mineralstoffe in Schweinefleisch (bezogen auf 100 g)
- Eisen: 1,4 mg
- Zink: 2,1–2,4 mg
- Vitamin A: 6 µg RAE
- Vitamin B1: 0,8–0,9 mg
- Vitamin B2: 0,23 mg
- Vitamin B6: 0,3–0,6 mg
- Vitamin B12: 1,5–2,0 µg
- Vitamin D: 0,5 µg
Quellen: (DGE 2024a, Verbraucherzentrale 2023, Heseker/Stahl 2010, Bauer/Honikel 2007); RAE: Retinolaktivitätsäquivalent (RAE)
Vitamine und Mineralstoffe in Geflügelfleisch (bezogen auf 100 g)
- Eisen: 0,7–1,4 mg
- Zink: 1,0–1,6 mg
- Vitamin A: 32 µg RAE
- Vitamin B1: 0,05–0,08 mg
- Vitamin B2: 0,15 mg
- Vitamin B6: 0,45–0,53 mg
- Vitamin B12: 0,4–0,5 µg
- Vitamin D: 0,5 µg
Quellen: (DGE 2024a, Verbraucherzentrale 2023, Heseker/Stahl 2010, Bauer/Honikel 2007); RAE: Retinolaktivitätsäquivalent (RAE)
Vitamine und Mineralstoffe in Leber (Kalb/Schwein) (bezogen auf 100 g)
- Eisen: 7,9 mg (Kalb)
- Zink: 8,4 mg (Kalb)
- Vitamin A: 28.000/36.000 µg RAE
- Vitamin B1: 0,28/ 0,31 mg
- Vitamin B2: 2,6 (Kalb) mg
- Vitamin B6: 0,17/ 0,59 mg
- Vitamin B12: 0,06/39 µg
- Vitamin D: 0,3 µg (Kalb)
Quellen: (DGE 2024a, Verbraucherzentrale 2023, Heseker/Stahl 2010, Bauer/Honikel 2007); RAE: Retinolaktivitätsäquivalent (RAE)
Empfohlene Zufuhr der Vitamine und Mineralstoffe
- Eisen: 10–15 mg
- Zink: 7–16 mg
- Vitamin A: 8.000–10.000 RAE
- Vitamin B1: 1,0–1,3 mg
- Vitamin B2: 1,0–1,4 mg
- Vitamin B6: 1,4–1,6 mg
- Vitamin B12: 4,0 µg
- Vitamin D: 20 µg
Quellen: (DGE 2024a, Verbraucherzentrale 2023, Heseker/Stahl 2010, Bauer/Honikel 2007); RAE: Retinolaktivitätsäquivalent (RAE)
Wie viel Fleisch essen die Deutschen?
Salami, Steak, Gehacktes oder Aufschnitt: Die Menschen in Deutschland haben 2024 laut den Berechnungen des Bundesinformationszentrum Landwirtschaft (BLZ) im Durchschnitt rund 53 kg Fleisch pro Jahr bzw. rund 1 kg pro Woche verzehrt (BMLEH 2025). In der dritten Bayerischen Ernährungsstudie haben die Bayern angegeben, 800 Gramm pro Woche zu verzehren; die Bayerinnen kamen nur auf 490 Gramm (StMELF 2024). Die Unterschiede ergeben sich zum einen daraus, dass das BLZ den „Verbrauch“ ermittelt, inklusive der Reste, die vor dem Kochen weggeschnitten werden oder auf dem Teller liegen bleiben. Und zum anderen daraus, dass die Zahlen der Bayerischen Ernährungsstudie auf den Angaben der Befragten beruhen.

„Die Deutschen essen immer weniger Fleisch“ – das stimmt nur bedingt. Ein drastischer Einbruch ist nicht in Sicht: Der Konsum von 53,2 kg im Jahr 2024 entspricht einem Rückgang von 9 Prozent gegenüber dem Jahr 2019 mit 58,5 kg (BMLEH 2025). Laut dem Ernährungsreport 2024 zeichnet sich dafür beim Verzehr ein Trend hin zu mehr vegetarischen oder veganen Alternativen ab, vorrangig bei 14- bis 29-Jährigen (BMLEH 2024). Als wichtige Treiber gelten umwelt- und klimagerechtes Einkaufen sowie Tierwohl-Aspekte. Laut Einschätzungen von Ernährungswissenschaft und Klimaschutz sollte der Fleischkonsum allerdings noch deutlich stärker sinken. (Siehe auch Planetary Health Diet)
Wie viel Fleisch empfehlen verschiedene Gesundheitsorganisationen?
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE 2024b) empfiehlt seit 2024, nicht mehr als 300 g Fleisch und Wurst pro Woche zu essen. Diese Zahl berücksichtigt neben gesundheitlichen Aspekten auch Umweltfaktoren wie Treibhausgasemissionen und Landnutzung. In den „alten“ Empfehlungen (vor März 2024) wurden maximal 600 g Fleisch und Wurst pro Woche empfohlen.
Die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung (SGE 2024) hat ebenfalls 2024 ihre Lebensmittelempfehlungen überarbeitet. Fleisch findet sich seitdem in einer Gruppe mit Hülsenfrüchten, Eiern und „Weiteren“. Laut den neuen Empfehlungen sollte man pro Woche maximal 2–3 Portionen Fleisch (inklusive Geflügel und Wurst) essen bzw. maximal 360 g, da eine Portion 100 bis 120 g entspricht.
Der britische National Health Service (NHS 2024) empfiehlt maximal 70 g rotes oder verarbeitetes Fleisch täglich und somit 490 g die Woche: „If you currently eat more than 90g (cooked weight) of red or processed meat a day, the Department of Health and Social Care advises that you cut down to 70g.“
Die American Heart Association (AHA 2024) nennt keine Mengen, empfiehlt aber, vor allem pflanzliche Proteine oder Fisch zu essen, um den Proteinbedarf zu decken. Fleisch wird nicht als notwendig angesehen: „Mostly from plant sources (legumes and nuts); fish and seafood; fat-free and low-fat dairy products in place of full-fat versions; if you eat meat, lean cuts and skinless poultry; avoid processed meats.“
Auch der MyPlate des U.S. Department of Agriculture (USDA 2020) packt Fleisch in eine „Protein Food Group“ und empfiehlt lediglich, täglich 140–170 g Proteine zu konsumieren und nicht zu häufig Fleisch zu essen: „Choose meats less often.“
Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO 2023) variieren die Empfehlungen zum Fleischkonsum weltweit zwischen 98 g und 500 g pro Woche.
Fleisch und die Gesundheit: Lieber weißes und unverarbeitetes Fleisch essen
Ein Übermaß an rotem Fleisch (hauptsächlich Schwein und Rind) sowie Wurstwaren schneidet in Studien schlecht ab, das Risiko für Brustkrebs, Darmkrebs, Lungenkrebs und weiteren Erkrankungen wie Herzinfarkten, Schlaganfällen und Diabetes Typ 2 wird höher beziffert. Der Genuss von weißem Fleisch (von Geflügel) hat den meisten Studien zufolge keine gesundheitlichen Konsequenzen (Wang et al. 2022, Ma/Qi 2023, Ramel et al. 2023). In einer Metaanalyse von 2021 litten Geflügel-Fans sogar seltener unter Herz-Kreislauf-Erkrankungen und lebten länger als Menschen, die wenig oder kein weißes Fleisch essen (Lupoli et al. 2021). Es ist nicht ganz klar, warum Hühner- und Putenfleisch möglicherweise gesünder ist als rotes Fleisch. Es gibt jedoch Hinweise:
Übermaß an Eisen: Rotes Fleisch liefert mehr Eisen als weißes Fleisch. Ein Übermaß an Eisen aus tierischen Lebensmitteln, sogenanntes Häm-Eisen, führt zu oxidativem Stress. Dadurch werden Gefäße geschädigt und Erbgut verändert, was in verschiedenen Organen Tumore wachsen lässt (WHO 2023).
Entzündliche Prozesse: Die Fettsäure Arachidonsäure steckt in größeren Mengen in rotem Fleisch. Diese Substanz fördert Entzündungen (Rohrmann/Linseisen 2016). Entzündliche Prozesse spielen bei allen chronischen Krankheiten wie Adipositas, Herzleiden oder Diabetes Typ 2 eine Rolle.
Krebserregende Viren: Möglicherweise stecken krebserregende Viren in Rindfleisch und Milch (DKFZ 2019). Im Säuglingsalter aufgenommen, könnten diese das spätere Krebsrisiko erhöhen.
Lebensstil: Personen, die weißes Fleisch bevorzugen, sind meist gesundheitsbewusster als Menschen, die rotes Fleisch mögen. Sie treiben mehr Sport, rauchen seltener oder essen gesünder. Dagegen nehmen Menschen, die oft und viel rotes Fleisch essen, mehr Salz, gesättigte Fette sowie mehr Kalorien zu sich (Zheng et al. 2022). Somit wären die gesamte Ernährungsweise und auch der Lebensstil für die bessere Gesundheit von Geflügel-Fans verantwortlich.
Wer sich gesund ernähren und Krankheiten vorbeugen möchte, sollte generell mehr unverarbeitetes Fleisch (z. B. Filets, Steaks, Koteletts) und weniger verarbeitetes Fleisch (z. B. Kasseler, Schinken, Salami) essen (WHO 2023):
Viele Wurstwaren liefern gesättigte Fettsäuren. Diese gelten als weniger wertvoll im Vergleich zu ungesättigten Fetten aus Fisch oder Pflanzenölen. Magere Fleischstücke – Kalbfleisch, Rinderfilet oder Schweinekotelett – enthalten 0,4–2 g Fette pro 100 g Fleisch, ein Schweinebauch enthält 9 g pro 100 g. Viele Wurstsorten liegen mit einem Gehalt an gesättigten Fettsäuren von 10–20 g/100 g deutlich darüber (Heseker/Heseker 2017). Ausnahmen sind fettarme Wurstorten wie Corned Beef, Geflügelwurst und Schinken.
In Wurst und Schinken wird viel Salz gemengt (IARC 2018). Auch das könnte ein Grund sein, warum verarbeitetes Fleisch weniger gesund ist, da Salz bei bestimmten Menschen den Blutdruck erhöht (NVL 2024). Zudem kann ein Zuviel an Salz auch das Risiko für Magenkrebs erhöhen (Kronsteiner-Gicevic et al. 2024).
Auch die Zubereitungsart von Fleisch spielt eine Rolle. Nicht nur der Geschmack verändert sich, beim Kochen können sich auch ungesunde Substanzen bilden. Kochen und Schmoren gelten als gesünder, während beim Räuchern, Braten und Grillen krebserregende Röststoffe entstehen können. Wer Gepökeltes auf den Grillrost wirft, riskiert obendrein, dass sich aus Pökelsalz sogenannte „Nitrosamine“ bilden. Diese können im Übermaß Magentumore verursachen (Stiftung Warentest 2021).
Ist Fleisch krebserregend? Eine kleine Chronologie
2015: Laut der WHO ist Wurst sicher krebserregend und rotes Fleisch wahrscheinlich
Forschende der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC), eine Einrichtung der Weltgesundheitsorganisation (WHO), haben mehr als 800 Studien ausgewertet und kamen 2015 zu dem Schluss: Verarbeitetes Fleisch wie Wurst und Wurstwaren ist ein „definitives Gruppe-1-Karzinogen“. Unverarbeitetes, rotes Fleisch von Rind, Schwein oder Lamm ist nur „wahrscheinlich krebserregend“. Laut IARC steigt das Risiko für Darmkrebs um 18 Prozent, wenn man täglich 50 Gramm Wurst isst, bei unverarbeitetem rotem Fleisch steigt das Risiko um 17 Prozent je 100 Gramm (WHO 2015).
2019: Die NutriRECS-Gruppe widerspricht, trifft aber auf Kritik
„Es gibt keinen Grund, auf Fleisch und Wurst zu verzichten“ – zu diesem Schluss kommt die Studie der sogenannten NutriRECS-Expertinnen und -Experten (Zeraatkar et al. 2019, Johnston et al. 2018, Johnston et al. 2019). Ihre Schlussfolgerung begründet die Gruppe so: Unter den vielen von der WHO gesichteten Studien waren nur 12 randomisierte Kontrollstudien (RCTs), die klare Ursache-Wirkungs-Beziehungen feststellen können. Die 12 analysierten RCTs seien allerdings schlecht gemacht, die Ergebnisse zweifelhaft. Hunderte reiner Beobachtungsstudien wiederum zeigten zwar einen Zusammenhang zwischen rotem Fleisch und Krebs- sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Jedoch seien die Effekte sehr klein und wenig aussagekräftig. (Mehr zu Studientypen)
Die DGE sowie das Max Rubner-Institut (MRI) monierten, die NutriRECS-Gruppe hätte Bewertungskriterien angewandt, die sehr streng sind und eigentlich nur für bestimmte klinische Studien gelten, etwa in der Pharmaforschung (DGE 2019, MRI 2019). Das Problem daran: „Ernährungswirkungen sind nicht mit Arzneimittelwirkungen vergleichbar“, schreiben die MRI-Fachleute. Außerdem widerspreche die generelle Entwarnung der NutriRECS-Publikation den Empfehlungen aller nationalen und internationalen Ernährungsinstitutionen.
Siehe hierzu auch Smollich M (2019): Fleisch und Gesundheit: Ein Blick hinter die Schlagzeilen. Ernährungsmedizin-Blog
2021: Andere Risikofaktoren sind wichtiger, z. B. Alkohol
Eine internationale Forschungsgruppe hat vorliegende Metaanalysen daraufhin untersucht, ob diese einen Zusammenhang von Krebs und Lebensmitteln beweisen (Papadimitriou et al. 2021). Ihr Ergebnis: Die Belege für eine Krebsgefahr durch Lebensmittel sind eher schwach – auch die bei Fleisch und Wurst. Daraufhin stuft die Forschungsgruppe das Krebsrisiko durch rotes Fleisch und Wurst niedriger ein als die WHO, nur mit „möglicher“ Evidenz. Zudem raten sie, statt Fleisch und Wurst die ihrer Meinung nach echten ernährungsbedingten Krebsrisiken in den Blick zu nehmen: Adipositas und Alkohol.
2025: Was sagen die neusten Daten?
Verschiedenste Studien und Metaanalysen aus den letzten Jahren zeigen weiterhin, dass ein übermäßig hoher Konsum von Fleisch – vor allem rotem und verarbeitetem Fleisch – mit einem signifikant erhöhten Risiko für verschiedene Krebsarten, insbesondere Darmkrebs, einhergehen (Farvid et al. 2021, Watling et al. 2022, Di et al. 2023, Dankner et al. 2024, Poorolajal et al. 2024). Auch die WHO bleibt bei Ihrer Einschätzung, dass zu viel Fleisch, vor allem rotes und verarbeitetes, das Risiko für negative gesundheitliche Folgen erhöht (WHO 2023). Wang et al. (2024) zeigen aber auch, dass die Ergebnisse stark davon abhängen, welche Methode in den verschiedenen Studien verwendet wird.

Zu viel Fleisch schlägt aufs Herz und führt zu Diabetes – oder doch nicht?
Rotes Fleisch erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen …
Wang et al. (2022) berichten, dass ein hoher Konsum von rotem Fleisch und/oder Wurstwaren das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wie Herzinfarkt oder Schlaganfall, um 18 Prozent erhöht. Das Forschungs-Team geht davon aus, dass ein erhöhter Blutzucker- und Insulinwert, das C-reaktive Protein (ein Entzündungsparameter) und drei Moleküle, die nach dem Verzehr von rotem Fleisch im Verdauungstrakt durch Darmbakterien produziert werden, zum Teil dafür die Ursache sind. Eines dieser Moleküle ist TMAO bzw. Trimethylaminoxid, das bereits länger in Verdacht steht, für das erhöhte Herz-Kreislauf-Risiko mit verantwortlich zu sein.
Auch Shi et al. (2023) schlussfolgern in ihrer 43 Studien umfassenden Metaanalyse, dass ein hoher Anteil an rotem Fleisch in der Ernährung das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht.
Springmann et al. (2018) haben berechnet, dass eine Reduktion des Fleischkonsums um durchschnittlich 16 % – bei gleichzeitig erhöhter Zufuhr pflanzlicher Lebensmittel – die Zahl der durch Fleischkonsum verursachten Todesfälle im Durchschnitt um 9 % senken kann, wobei die Zahl in Ländern mit hohem und mittlerem Einkommen höher liegt.
Laut einer anderen Simulationsstudie aus den USA (Kennedy et al. 2024) ließen sich durch eine Reduktion des Verzehrs von verarbeitetem Fleisch um 30 % im Verlauf von 10 Jahren über 350.000 Diabetes-Fälle, 92.500 Herz-Kreislauf-Erkrankungen und 53.300 Fälle von Dickdarmkrebs vermeiden. Als Ursache werden der hohe Gehalt an Häm-Eisen, Natrium, Nitriten, Nitraten und gesättigten Fetten sowie Verbindungen, die durch Kochen bei hohen Temperaturen entstehen, gesehen.
… vs.: Es gibt keinen Zusammenhang zwischen rotem Fleisch und Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Hill et al. (2024) kommen in ihrem Umbrella Review zu einem gegenteiligen Schluss: Sie sehen keinen Zusammenhang zwischen einem hohen Konsum an rotem und verarbeitetem Fleisch und der Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dieselbe Schlussfolgerung ziehen auch Hu et al. (2024), deren Studie auf einer Mendelschen Randomisierung statt auf einer Beobachtungsstudie basiert.
Rotes Fleisch und Diabetes Typ 2
Dafür finden Hill et al. (2024) Hinweise auf einen Zusammenhang mit Diabetes Typ 2, die allerdings erst durch weitere Studien bestätigt werden müssen. Und auch Shi et al. (2023) hatten bereits einen Zusammenhang zwischen zu viel rotem Fleisch auf dem Teller und Diabetes Typ 2 gefunden.
Rotes Fleisch und Demenz
Eine prospektive Kohortenstudie mit 133.771 Teilnehmenden (davon 65,4 % weiblich) aus den USA hat die Auswirkungen eines hohen Fleischkonsums auf kognitive Fähigkeiten untersucht. Die Daten stammten aus der Nurses‘ Health Study und der Health Professionals Follow-Up Study. Die Ergebnisse zeigten, dass ein höherer Verzehr von rotem Fleisch, insbesondere verarbeitetem, mit einem höheren Risiko für die Entwicklung von Demenz und schlechteren kognitiven Fähigkeiten einherging. Dafür konnte das Demenzrisiko gesenkt werden, wenn rotes Fleisch zum Teil durch Nüsse und Hülsenfrüchte ersetzt wurde (Li et al. 2025).
Alles eine Frage davon, wer die Studie finanziert?
López-Moreno et al. (2025) haben sich angesehen, welchen Einfluss es hat, WER die Studien zum Krankheitsrisiko durch Fleisch finanziert. Das Team hat 44 Studien zu „Konsum von rotem Fleisch und Herz-Kreislauf-Erkrankungen“ analysiert. Von diesen wurden 29 von der Fleischindustrie finanziert, 15 durch öffentliche Gelder, akademische Einrichtungen oder NGOs. Das Ergebnis:
- Bei den 29 industriefinanzierten Studien zeigte der Konsum von rotem Fleisch einen positiven (21 %) oder neutralen (79 %) Effekt auf das Krankheitsrisiko.
- Bei den 19 unabhängig finanzierten Studien zeigte der Konsum von rotem Fleisch einen negativen (73 %) oder neutralen (27 %) Effekt auf das Krankheitsrisiko.
- Industriefinanzierte Studien berichteten fast viermal so häufig von „positiven/neutralen“ Effekten wie unabhängige Studien.
Mögliche Gründe für diese Unterschiede: Die industriefinanzierten Studien verglichen den Konsum von unverarbeitetem rotem Fleisch häufig mit dem Konsum anderer tierischer Proteine (Huhn oder Fisch) oder von Kohlenhydraten wie Weißbrot oder Nudeln. Die unabhängig finanzierten Studien verglichen den Konsum von unverarbeitetem rotem Fleisch hingegen auch mit dem Konsum von Vollkorngetreide, Sojaprodukten, Nüssen und Hülsenfrüchten. Dadurch ergibt sich laut López-Moreno et al. ein umfassenderes Bild der Risiken oder Vorteile von rotem Fleisch.
Fazit: Auf die Dosis kommt es an
In den von der DGE und anderen Instituten empfohlenen Mengen machen Fleisch und Wurst nicht krank. Studien zeigen aber einen Zusammenhang zwischen einem hohen Konsum an verarbeitetem und zum Teil auch rotem Fleisch und verschiedenen Krankheiten, vor allem Darmkrebs. Zudem gibt es Hinweise auf einen Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes Typ 2 und Demenz; allerdings ergibt die Studienlage kein einheitliches Bild. Für weißes Fleisch zeigt sich kein erhöhtes Krankheitsrisiko.
Ein absoluter Verzicht auf rotes Fleisch und Wurstwaren ist aber nicht nötig, zumal diese auch viele essenzielle Nährstoffe enthalten. Für die Gesundheit kommt es, wie so oft, auf die Dosis an. Als wichtigste Risikofaktoren für die meisten Krankheiten gelten ohnehin Übergewicht und Rauchen, gefolgt von Bewegungsarmut, Alkoholkonsum und allgemein ballaststoffarmer Ernährung. Wer gerne rotes Fleisch isst, sollte also auf genügend Gemüse und Ballaststoffe sowie Bewegung und das Vermeiden von Übergewicht achten.
Abseits davon sprechen Argumente aus Umwelt-, Klima- und Tierschutzkreisen gegen einen hohen Fleischkonsum: Siehe auch unsere Beiträge zur Planetary Health Diet und zu Alternativen Proteinen.
Text: Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn), Dr. Sonja Vilei
Mehr zu Fleisch: gesund oder Krankheitsrisiko?
Weiterführende Links
- BMLEH – Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (2025): Agrarmarkt Fleisch
- DGE – Deutsche Gesellschaft für Ernährung (2024): DGE-Ernährungskreis: Fisch, Fleisch, Wurst und Eier
- WWF – World Wildlife Fund (2023): Fleisch: Besser einkaufen und essen
- WikiMeat: Datenbank zu Fleisch und Fleischwaren
Nachweise
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BMLEH – Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (2025): Versorgungsbilanzen Fleisch
BMLEH – Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (2024): Deutschland, wie es isst. Der BMEL-Ernährungsreport 2024
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DGE – Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (2019): Die Aussagen der NutriRECS Experten zum Verzehr von rotem und verarbeitetem Fleisch. Kommentar
DGE – Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (2024a): Referenzwerte
DGE – Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (2024b): Gut essen und trinken – Die DGE-Empfehlungen
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Stand: Juni 2025