Auch wenn das immer wieder zu lesen ist: Diese Behauptung stimmt so nicht. Denn die 15.000 Liter bezeichnen den sogenannten virtuellen Wasserverbrauch im weltweiten Durchschnitt (Diekmann-Lenartz/Graf 2022). Damit ist die Wassermenge gemeint, die mit einem Agrarprodukt jemals in Kontakt kommt – einschließlich des Regens, der auf Weiden und Felder fällt. Der größte Teil dieser Niederschläge versickert und verdunstet, ohne dass Tiere es trinken oder Futterpflanzen daraus Wasser ziehen. Die Rechnung im Mythos widerspricht daher dem Begriff „Verbrauch“: Der ist definiert als Änderung, durch die etwas nicht mehr oder nur noch in anderer Form verfügbar ist. Regenwasser bleibt aber im natürlichen Wasserkreislauf erhalten.
Daher bezeichnen Ökologen Regen als grünes Wasser – und Futter für Rinder enthält laut Water Footprint Network im Schnitt 94 Prozent grünes Wasser (Water Footprint Network 2017). Mekonnen und Hoekstra (2012) erklären dazu: „Im Weidesystem stammen über 97 % des Wasserfußabdrucks, der im Zusammenhang mit Futtermitteln steht, von Weide- und Futterpflanzen, und der Wasserfußabdruck ist überwiegend (94 %) grün. In den gemischten und industriellen Produktionssystemen macht der grüne Wasserfußabdruck 87 bzw. 82 % des gesamten Fußabdrucks aus.“ Je nach Haltungsform und Land kann dieser Anteil zwischen 82 und 98 Prozent schwanken. Schätzungen zum Wasserbedarf für deutsches Rindfleisch ergeben daher andere Zahlen: rund 7.700 Liter Wasser pro Kilo Rindfleisch – davon 6.680 Liter grünes Wasser. Wirklich verbraucht werden hierzulande also nur rund 1.000 Liter Wasser pro Kilo Rindfleisch (Hiemer 2021).
Ja und nein – richtig ist: Zum Muskelaufbau benötigt der Körper Eiweiß. Doch das muss nicht aus Fleisch stammen. Auch Linsen, Sojabohnen, Erbsen oder Weizen liefern Eiweiß. Proteine werden aber je nach Quelle vom menschlichen Organismus unterschiedlich gut aufgenommen, Fachleute nennen das „biologische Wertigkeit“ (Fox 2006). Je höher diese liegt, desto höherwertiger ist das Protein, denn es enthält mehr wichtige Aminosäuren für den Zellaufbau. Menge und Art dieser Eiweißbausteine, insbesondere der essenziellen Aminosäuren, bestimmen, wie hoch die biologische Wertigkeit von Lebensmitteln ist. Dazu kommt: Lebensmittel sind unterschiedlich gut verdaulich, das bestimmt, wie leicht der Körper das Protein erschließt und in die Zellen einbaut.
Bei der biologischen Wertigkeit stehen Proteine vom Tier im Schnitt besser da als Eiweiß aus Pflanzen: Milch, Fleisch oder Eier enthalten das günstigere Aminosäuremuster und alle essenziellen Aminosäuren. Gemessen wird dies mit dem Digestible Indispensable Amino Acid Score, kurz DIAAS (Ornan/Reifen 2022). Dieser berücksichtigt sowohl den Aminosäuregehalt als auch die Verdaulichkeit eines Proteins im menschlichen Verdauungssystem. Je höher der DIAAS-Wert, desto besser die Qualität des Proteins. Eier und Milch haben zum Beispiel einen DIAAS-Wert von 122 %, Rindersteak von 130 %. Sojamehl erreicht mit 105 % einen der höchsten Werte bei pflanzlichen Lebensmitteln, Kichererbsen schaffen es auf 71 %, Haferflocken auf 67 %.
Allerdings kann das Kombinieren von Lebensmitteln biologische Wertigkeit und Verdaulichkeit erheblich steigern: Eine gute Kombination sind Hülsenfrüchte und Getreide wie Pitabrot mit Hummus, Reis mit Tofu oder Nudeln mit Linsen (Klaus 2023).
Besonders gute Ergebnisse beim Muskelaufbau lassen sich mit Molkeneiweiß erzielen, deshalb sind in der Kraftsportszene Molkedrinks beliebt. Allerdings wachsen die Muskeln mit Drinks auf der Basis von Erbsen-, Reis- oder Sojaprotein ähnlich gut (Lim et al. 2021). Fazit: Fleisch ist für den Muskelaufbau bei sportlich Aktiven hilfreich und wertvoll – es ist aber nicht zwingend notwendig.
Das ist falsch. Dieser Mythos hält sich beharrlich – aber würde das Blut übersäuern, wäre das ein Fall für die Intensivstation. Klinische Azidosen, so der Fachbegriff für Übersäuerung, treten nur bei schweren Krankheiten oder Stoffwechselstörungen auf, dazu gehören Nierenschwäche, Herzinsuffizienz und Lungenerkrankungen (Kosch/Schaefer 2005). Die Legende entstand wahrscheinlich, weil Fleisch und Wurst zu den Lebensmitteln mit einem hohen Anteil schwefelhaltiger Aminosäuren gehören. Sie gelten damit als sogenannte Säurelieferanten (Ecmekcioglu 2004) – doch mit diesen natürlichen Säureträgern kommt der Körper gut zurecht: Selbst eine sehr fleischreiche Kost führt nicht zur Übersäuerung. Die Puffersysteme im Blut und die Säureausscheidung über Nieren und Lunge versetzen gesunde Menschen in die Lage, große Mengen von Säuren auszugleichen (Mya 2018).
Auch von einer latenten Übersäuerung ist oft die Rede, etwa in Heilpraktiker- und Naturheilkreisen (Martin 2017). Dabei verändert sich der pH-Wert im Blut nicht messbar, doch die Vertreter dieser These gehen davon aus, dass die Puffer schon überlastet sind und die Nieren mit dem Urin überschüssige Säuren ausleiten. Diese Annahme ist allerdings wissenschaftlich nicht belegt: Ab und an etwas mehr Säure im Urin ist eine normale physiologische Reaktion (Stiftung Warentest 2005). Allenfalls für Nierenkranke wäre eine höhere Säureausscheidung relevant. In jedem Fall ist aber selbst aus Sicht der Anhänger der Übersäuerungsthese nicht nur Fleisch der Übeltäter: Auch Getreide, trockene Linsen und Erbsen, Cornflakes, weißer Reis, Kaffee, Cola, Zucker, Süßigkeiten und Alkohol gelten als Säurebildner.
Die Fakten sehen anders aus. Hinter diesem Mythos steckt ein altes Vorurteil – und ein Wissenschaftsskandal der jüngsten Zeit. Dass nur aggressive Menschen Tiere töten und schlachten, ist eine gängige Vermutung. Auch das Fleischeiweiß selbst soll Grund für mehr Aggressionen sein: Es besteht aus Aminosäuren, die im Körper zum Aufbau von Hormonen und Botenstoffen dienen (Brumma 2016). Dazu gehört Adrenalin, ein Stresshormon. Anhänger der Aggressionsthese begründen den Mythos genau damit: viele Aminosäuren, viele Stresshormone. Bei Menschen, die reichlich Fleisch und wenig Gemüse, Obst oder Kartoffeln essen, steigt daher angeblich das Aggressionspotenzial.
Doch am Fleisch kann das nicht liegen: Pflanzliches Eiweiß besteht chemisch gesehen aus denselben Aminosäure-Bausteinen – sie sind nur anders kombiniert. Daher müssten Menschen, die sich vegetarisch und vegan ernähren und ihren Eiweißbedarf mit Hülsenfrüchten und Getreide decken, ebenso aggressiv sein wie Menschen, die Fleisch essen: Sie nehmen dieselben Moleküle zu sich. Doch die einschlägige Szene hält Vegetarierinnen und Vegetarier oft für friedfertiger und ausgeglichener – dafür gibt es keine Grundlage.
Furore mit dem Vorurteil zu aggressiven Fleischessern machte 2011 ein Professor der niederländischen Universität Tilburg: Der Psychologe Diederik Stapel wollte nachgewiesen haben, dass Menschen, die ans Fleischessen denken, aggressiver und weniger sozial werden (Konitzer 2013). Kurze Zeit später flog auf, dass Stapel massenweise Daten gefälscht hatte. Der Forscher gestand, seine Publikationen wurden zurückgezogen, die Universität Tilburg feuerte ihn, den Doktortitel legte Stapel ab. Der Mythos geistert aber weiter durch das Netz, oft sogar mit Bezug auf den Datenfälscher Stapel.
Das stimmt so pauschal nicht. Was Studien aber durchaus gezeigt haben: Wer viel rotes Fleisch (von Rind und Schwein) sowie viel verarbeitetes Fleisch (wie Wurst) isst, hat ein höheres Risiko für verschiedene Krankheiten wie Darmkrebs, aber auch Schlaganfälle (siehe Forschungsstand). Bei Schweinefleisch kommt ein hoher Anteil der Omega-6-Fettsäure Arachidonsäure dazu, der für Menschen mit Rheuma und/oder Arthrose problematisch ist. Die Deutsche Rheuma-Liga empfiehlt Patienten deshalb, nur zwei kleine Fleischmahlzeiten pro Woche zu essen (Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V. 2025) und zudem ausreichend Omega-3-Fettsäuren aufzunehmen, die z. B. in Seefisch und Walnüssen enthalten sind.
Für Geflügelfleisch sieht die Studienlage positiver aus (siehe Forschungsstand). Allerdings ist Geflügelfleisch häufig mit Keimen wie Campylobacter oder Salmonellen belastet – laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung ist Geflügel in Deutschland eine Hauptquelle lebensmittelbedingter Infektionen (BfR 2024). Hygiene und richtige Garzeiten sind daher essenziell. Allerdings: Auch stark verarbeitete Geflügelprodukte wie Chicken Nuggets enthalten oft Zusatzstoffe, Transfette und viel Salz – und verlieren dadurch ihre gesundheitlichen Vorteile.
Fazit: Alle Fleischarten, von Rind über Schwein bis zu Pute, können Teil einer ausgewogenen Ernährung sein, vor allem in unverarbeiteter Form – frisch gekauft und zubereitet statt in Form von Grillwurst und Schinken. Das Wichtigste ist aber, sich abwechslungsreich zu ernähren und Gemüse und Hülsenfrüchte nicht zu vergessen.
Text: Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn)
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Nachweise
BfR – Bundesinstitut für Risikobewertung (2024): Campylobacter: Der Durchfall-Erreger findet sich oft auf Geflügelfleisch
Brumma W (2016): Macht das Essen von Fleisch aggressiv? – Fleisch speichert doch keine Emotionen. Oder doch? Pressenet, Textbeitrag
Diekmann-Lenartz C, Graf U (2022): Wasserverbrauch für Rindfleisch: Ist er wirklich so hoch?
Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V. (2025): Ernährung und Rheuma
Ecmekcioglu C (2004): Die Theorie der Übersäuerung – Ein evidenzbasierter Kurzbericht. Ernährung & Medizin 19(1):16–20
Fox T (2006): Proteine machen Muskeln munter – Hintergrundwissen Ernährung. Physiopraxis 4(3):22–26
Hiemer J (2021): Umweltbelastung – Die Wahrheit ist anders. Bayerisches Landwirtschaftliches Wochenblatt, Pressemitteilung vom 24.6.2021
Klaus S (2023): Proteinstoffwechsel und Proteinqualität von tierischem oder pflanzlichem Eiweiß. VFEDaktuell Plus:6–11
Konitzer F (2013): Einmal ist keinmal. Bild der Wissenschaft
Kosch M, Schaefer RM (2005): Störungen des Säure-Basen-Haushalts: Rationale Diagnostik und ökonomische Therapie. Dtsch Ärztebl 102(26):A1896–1899
Lim et al. (2021): Animal protein versus plant protein in supporting lean mass and muscle strength: A systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Nutrients 13(2):661
Martin HH (2017): Säure-Basen-Haushalt: Besser basisch essen. UGBforum 2/17:86–89
Mekonnen MM, Hoekstra AY (2012): A global assessment of the water footprint of farm animal products. Ecosystems 15:401–415
Mya (2018): Säurelast: Ist eine ernährungsbedingte „Übersäuerung“ des Körpers möglich? Pressemitteilung vom 31.10.2018 in Ernährungs Umschau
Ornan EM, Reifen R (2022): Revisiting protein quality assessment to include alternative proteins. Foods 11(22):3740
Water Footprint Network (2017): Product Gallery Beef
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Stand: April 2025